forum Lage in und um die Ukraine

Einführung in das Thema

Fragen zu diesem Thema können Sie an Benjamin Ziegs ([email protected]) richten.

Hier gibt es das Handbuch zum Gremium

Hintergrundinformationen über die Ukraine - Geschichte und Einführung

Bereits seit mehreren Jahrhunderten besteht ein schwelender Streit zwischen dem westlichen Europa und Russland über die Vormacht auf der Krim. Das leidtragende Land, die Ukraine, wird trotz ihrer noch jungen Selbstständigkeitsbestrebungen regelmäßig erschüttert durch Annexionen, Kriege oder politische Ränkeschmiede mit dem Ziel Macht über den souveränen Staat am schwarzen Meer zu erhalten.
Besonders durch den Zusammenbruch der Sowjetunion 1990/1991 erwuchs in Teilen der ukrainischen Bevölkerung der Wunsch nach einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Dieses Vorhaben findet im Nachbarland Russland keine Zustimmung. Russland betrachtet die Ukraine als Teil der eigenen Einflusssphäre.
Für das nähere Verständnis finden Sie weiterführende Informationen im folgenden Text:
Die Ukraine ist ein osteuropäischer Staat mit einer Fläche von ca. 600.000 km2 und insgesamt 42.000.000 Einwohnern (Stand 2019). Das industrielle wie auch infrastrukturelle Zentrum des Landes ist die Hauptstadt Kiew, in der zur Zeit ca. drei Millionen Menschen leben. Die Bewohner der Ukraine zählen sich zu ca. 72 % zur ukrainischen und zu 22 % zur russischen Ethnie. Dies spiegelt sich auch in der religiösen Zugehörigkeit wider. Mehr als drei Viertel der Einwohner geben an, einer der Gliedkirchen der orthodoxen Kirche anzugehören. In der Zeit des kalten Krieges war die Ukraine ein Satellitenstaat der Sowjetunion und erlangte 1991 die Unabhängigkeit. Im Zuge der Euromaidan-Krise 2014 brach 2014 ein bewaffneter Konflikt in der Ostukraine aus. Teile im Osten des Landes sowie die Region auf der Krim stehen seitdem nicht mehr unter der Kontrolle der Zentralregierung. Aufgrund der geographischen Lage zwischen Russland und dem Rest der Europäischen Union kommt der Ukraine von jeher eine enorme geopolitische Wichtigkeit zu. Dieser Zwiespalt lässt sich auch in der politischen Landschaft wiedererkennen. Im Groben teilt sich das Parlament in pro-russische und pro-europäische Parteien auf, die in einem ständigen Widerstreit stehen. Auch hinsichtlich der Anbindung an das Schwarze Meer - und dem damit einhergehenden Zugang zum Mittelmeer und dem Atlantik - ist die Ukraine vor allem für Russland von besonderer strategischer Bedeutung. Die Ukraine schaut nicht nur auf eine wechselhafte historische Entwicklung zurück, sondern ist auch ein Staat ohne klar begrenzte Identitätsbildung. Im Laufe der Zeit wurden immer wieder Teile des Landes hinzugeschlagen oder entnommen.

Aktuelle Entwicklung - Krise auf der Krim ab 2014

Ab dem 21. November 2013 begannen in der Ukraine die Bürger zu protestieren, da die ukrainische Regierung das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union vorerst nicht unterzeichnen wollte. Dieses Abkommen enthält neben staats- und gesellschaftspolitischen Zielen auch diverse Maßnahmenpakete gegen Korruption aber auch für die Standardisierung und Angleichung des Handels (Harmonisierung EU-weiter Richtlinien für die DCFTA (Deep and comprehensive Free Trade Area - eine Freihandelszone in Osteuropa). Für die Ukraine sah dieses Abkommen Ziele vor, die einen tiefgreifenden Wandel in rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Zuständen bedingte und somit eine bessere Einbindung in die EU fördern sollte.
Dieses Abkommen wurde von der ukrainischen Regierung unter Wiktor Janukowytsch nicht unterzeichnet, was der Zündfunke für die sogenannten Euromaidan-Proteste war. In den folgenden Tagen begannen immer mehr Menschen für eine Unterzeichnung zu protestieren und die Revolution gipfelte am 08. Dezember 2013, als auf dem Majdan Nesaleschnosti („Platz der Unabhängigkeit“) in Kiew mehrere hunderttausende Menschen demonstrierten. Die Polizeikräfte schritten sowohl bei dieser als auch bei weiteren Demonstrationen gewaltsam ein, schafften es jedoch nicht, die Demonstranten auseinander zu treiben. Am 21. Februar 2014 floh Präsident Janukowytsch aus Kiew und das Parlament setzte ihn ab. Die Proteste endeten, als am 26. Februar 2014 eine Übergangsregierung unter Arsenij Jazenjuk gebildet wurde. Während dieser Endphase begann die russische Annexion der Krim und die damit einhergehende Destabilisierung des Landes durch den bewaffneten Konflikt in zwei östlichen Oblasten (= Bezirken, Regionen) der Ukraine. Dieser seit 2014 andauernde Krieg wird mutmaßlich von Russland geschürt, damit sich die beiden Oblasten Donezk und Luhansk von der Ukraine abspalten und autonome Republiken unter russischem Einfluss werden. Trotz der Waffenstillstandsabkommen (Minsk I und II) werden täglich Kampfhandlungen beobachtet.
Hierbei nimmt die OSZE eine besondere Rolle ein. Im Minsk II Abkommen wird sie explizit mit der Überwachung der Waffenstillstandsbedingungen beauftragt. Die OSZE unterhält daher zwei Beobachtermissionen in der Ukraine.
Die Special Monitoring Mission (SMM) hat ihren Sitz in Kiew und Beobachterteams in den Gebieten Iwano-Frankiwsk, Lwiw und Tschernowitz (Westukraine) sowie Cherson, Donezk, Dnipropetrowsk, Luhansk und Odessa (Südostukraine). Die SMM soll durch ihre Präsenz Spannungen verringern und durch ihre objektiven Lageberichte zur Stabilisierung beitragen. Mit dem Waffenstillstandsabkommen von Minsk im September 2014 kam dessen Überwachung hinzu. Die SMM umfasst bis zu 750 Beobachter. Außerdem beobachtet die Monitoring Mission Gukovo und Donezk (MMGD) den Verkehr an den russischen Grenzübergängen nach Gukovo und Donezk. Sie ist auf russischem Territorium stationiert. Ihr gehören 16 Beobachter an.
Im Besonderen kämpfen Milizen mit russischer Unterstützung, russische wie ukrainische reguläre Truppen und Freiwilligenmilizen auf beiden Seiten. Mit Stand 2019 sind zwischen 9500 und 13.000 Menschen gestorben. Durch die undurchsichtige Situation und die Involvierung verschiedenster Interessengruppen sind die Auswirkungen auf die Bevölkerung katastrophal. Bereits im April 2014 wurde vom UNHCHR (Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte) festgestellt, dass es einzelne Angriffe auf die Bevölkerung gebe. Im Mai 2014 wurde in einem neuen Bericht von einem „Klima der Gesetzlosigkeit“ in der Ostukraine sowie auf der Krim geschrieben. Aussicht auf Besserung der Situation besteht nicht. Auf Grund der vorgenannten Umstände flüchteten nach Zahlen der Europäischen Kommission bereits 600.000 Ukrainer ins Ausland, innerhalb der Ukraine sind bereits ca. 650.000 Menschen auf der Flucht. Zudem verüben regierungsfeindliche Kräfte Anschläge und Sabotageakte auf Bahnlinien, Pipelines oder Rekrutierungsbüros. Auch Privatpersonen, welche sich in Bürgerinitiativen engagieren, sind davon betroffen. Im Dezember 2014 gab es alleine in Odessa sechs Bombenanschläge. Bis dato ist eine Lösung der Krise nicht in Sicht. Die Russische Föderation leugnet weiterhin ihre Einmischung und anhängige Klagen am Internationalen Gerichtshof sind noch nicht entschieden.

Probleme

Aus dem Ukrainekonflikt ergeben sich diverse Problemstellungen für die OSZE. Die Organisation ist mit der Überwachung der Einhaltung der Abkommen Minsk I und II beauftragt. Das Abkommen nennt unter anderem die Prüfung des Abzugs schwerer Waffen, Diese Überwachung ist jedoch zu großen Teilen nicht durchführbar. OSZE-Beobachter haben in der Ukraine keinen freien Zugang zu allen Konfliktregionen und sind selbst immer wieder unter Beschuss. Technische Überwachungsmaßnahmen gewährleisten kein eigentliches Monitoring, sondern nur vorübergehende Indizien.
Ferner soll die OSZE den Abzug sämtlicher ausländischer Kämpfer und ausländischer Militärausrüstung aus der Konfliktregion überwachen. Da die Kämpfer jedoch meist nicht uniformiert sind, und die OSZE auch keine Passkontrollen bei Kombattanten durchführen kann, ist diese Aufgabe nur sehr schwer durchführbar. Es ist sehr schwer zu erkennen, wer unter diese Definition aus Minsk II fällt. Bei der Ausrüstung stellt sich das Problem, dass sowohl Russland, als auch die Ukraine über die selben Fahrzeuge und Waffen aus den späten Jahren der Sowjetunion verfügen. Lediglich bei sehr modernen Fahrzeugen der russischen Armee ließe sich ein illegales Einbringen in die Konfliktzone nachweisen. Deshalb muss die OSZE aufwendig jedes einzelne Fahrzeug überwachen und nach Indizien auf dessen Herkunft suchen. Ein sehr aufwendiges Verfahren.
Außerdem betraut Minsk II die OSZE mit der Überwachung von Wahlen, nach dem OSZE-Standards. Diese Aufgabe kann die OSZE bisher nicht wahrnehmen, da die Voraussetzungen für solche Wahlen in der Ukraine noch nicht bestehen.

Punkte zur Diskussion

SMM und und MMGD laufen 2020 aus. Das Gremium muss deshalb über eine Verlängerung der beiden Missionen entscheiden. Wenn verlängert wird, muss das Aufgabenfeld der Missionen klar umrissen sein.
Die Durchführung der Beobachtungsmission, gemäß dem Minsk-II-Abkommen, hat für die OSZE Priorität. Ziel der Mitgliedstaaten muss es sein den Beobachtern dabei ausreichende Sicherheit und Möglichkeiten zu bieten um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Minsk II schlägt dafür die Bereitstellung von Satelliten, Drohnen und Radarsystemen vor. Bislang stellen jedoch zu wenige Staaten diese Systeme zur Verfügung. Außerdem eignen sie sich weitaus weniger gut für eine Beobachtungsmission als menschliche Beobachter, die jedoch vor den oben genannten Problemen stehen. Hier muss das Gremium überlegen, wie die Beobachtermission besser unterstützt werden kann. Je konkreter desto besser.

  • Wie kann die OSZE ausländische Kämpfer in der Ukraine besser erkennen und wohin kann sie diese melden, sodass der Abzug angemahnt oder eingeleitet wird?
  • Wie kann die OSZE schwere Waffen bestimmten Konfliktparteien zuordnen und deren Herkunft bestimmen? Hierfür wäre beispielsweise ein Einblick in die militärischen Zulassungslisten der beteiligten Mitgliedstaaten denkbar.
  • Welche Voraussetzungen müssen die Konfliktparteien schaffen, damit die OSZE Wahlen gemäß ihrer Standards gewährleisten kann?
  • Wie kann die humanitäre Lage in der Ukraine mit den Mitteln der OSZE verbessert werden? Hierfür ist die OSZE beispielsweise in der Lage mit Verhandlungsteams für lokale Waffenruhen zu sorgen, die dann etwa zur Reparatur kritischer Infrastruktur genutzt werden. Weitere derartige Tätigkeiten sind wünschenswert, jedoch immer mit finanziellem Aufwand und persönlichem Risiko für die Beobachter verbunden.

Wichtige Dokumente

Weiterführende Links und Quellen

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